Ludwig Knauß

Ludwig Knauß engagierte sich für die Menschen, war Vorbild für viele, wurde aber auch verfolgt wegen seiner Weltanschauung als Sozialist und Kommunist.

Ludwig Knauß, am 24. April 1893 in Wollmatingen geboren, wuchs nach dem frühen Tod seiner Mutter bei einer Tante in Schlaitdorf auf. Nach der Schreinerlehre in Urach ging er auf Wanderschaft und organisierte sich in der Schweiz im Holzarbeiterverband. 1911 fand er Arbeit in Nürtingen, schloss sich der freien Turnerschaft an und trat in die SPD ein.
Aus dem Ersten Weltkrieg, in dem er bei der Infanterie diente, zog er seine Lehren. Nach Nürtingen zurückgekehrt, trat er 1920 aus der SPD aus und wurde Spartakist. Mit Gleichgesinnten gründete er eine Ortsgruppe der Kommunistischen Partei. Er organisierte politische Versammlungen und trat als Redner auf; wegen seiner gewerkschaftlichen Aktivitäten wurde er von seinen Arbeitgebern oft entlassen. 1922 heiratete er Margarete Heunisch aus Oberensingen, 1923 kam die Tochter Ingeborg zur Welt.
Ludwig Knauß wurde 1922 für die KPD in den Nürtinger Gemeinderat gewählt. 1924 kam er vier Wochen in „Schutzhaft“ nach Stuttgart, 1925 wurde er weitere fünf Monate inhaftiert. Ab 1928 arbeitete er beim Konsumverein in Oberensingen.
Nachdem Hitler am 30.1.1933 zum Reichskanzler ernannt worden war und vier Wochen später der Reichstag brannte, wurden reichsweit viele politische Gegner verhaftet und alle kommunistischen Versammlungen und Druckschriften verboten. Trotzdem betrieb Knauß Wahlwerbung für die KPD, die bei der Reichstagswahl am 5. März in Nürtingen 21,4 % der Stimmen erhielt.

Flucht und Emigration

Nach der Gemeinderatssitzung am 10. März 1933 tauchte Ludwig Knauß mit seinem kommunistischen Gemeinderatskollegen Rudolf Schulmeister unter. Tatsächlich begannen in dieser Nacht auch in Nürtingen die Massenverhaftungen. Da die Lage aussichtslos war, verließen beide im April Nürtingen und flohen nach Frankreich. Im Oktober gelang auch Ludwigs Frau mit der Tochter die Flucht nach Basel und weiter nach Straßburg. Dort war die Familie wieder vereint. 1934 mussten sie nach Paris weiterziehen. Ihr Aufenthalt wurde nur monatlich genehmigt. Durch den Betrieb einer Schreinerwerkstatt und als Haushaltshilfe konnten sie überleben.
Mit 47 Jahren wurde Knauß 1940 als ausländischer Arbeitssoldat zum französischen Militär eingezogen. Seine Frau und seine Tochter wurden mit anderen Emigrantinnen im Lager Gurs in den Pyrenäen interniert. Da Ludwig Soldat war, erhielten sie den Befreiungsschein – kurz bevor die Insassen in die KZ deportiert wurden. Über Irrwege erreichten sie Montauban, wo Ludwig stationiert war. Inzwischen war die Gestapo in Frankreich präsent, Ludwig entging ihr nur durch solidarische Unterstützung der örtlichen Bevölkerung, unter anderem als „Louis Thoma“.

Rückkehr und aktiver Einsatz für das Gemeinwesen

Im Juni 1946 nach Oberensingen zurückgekehrt, fand Ludwig Knauß erschütterte und deprimierte Menschen vor. Ihnen wollte er helfen. Er übernahm wieder den Vorsitz der Nürtinger KPD, nach deren Verbot der DKP. Er engagierte sich bei der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und bei den Naturfreunden. 1948 wurde er in den Gemeinderat gewählt, letztmals 1968. Als glänzender Redner ließ er sich im bürgerlichen Nürtinger Rat nie seine kritische Überzeugung verbieten. Durch seinen großen Einsatz und seine sachorientierte Arbeit erwarb er sich auch bei politischen Gegnern Achtung und Anerkennung. Lange wirkte er im Kreistag. Er übernahm viele ehrenamtliche Tätigkeiten. Ein Anliegen war ihm der Bürgerausschuss in Oberensingen, den er 1960 mit gründete. 25 Jahre lang war er Vorsitzender bei der Arbeiterwohlfahrt, das 1973 im Roßdorf neu gebaute AWO-Haus erhielt den Namen Ludwig-Knauß-Heim.
Am 16. Februar 1988 starb Ludwig Knauß in Oberensingen.

 

von Annette Planck und Raya Fraenkel